
Rohstoffexperte: „Ohne Lithium keine Energiewende“
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In der aktuellen Folge des Elektroauto-News-Podcast hatte ich die Gelegenheit, mit Michael Schmidt zu sprechen – einem der profiliertesten Rohstoffexperten Deutschlands. Als Senior Analyst der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) innerhalb der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) beschäftigt er sich seit Jahren mit kritischen Rohstoffen wie Lithium. Unser Gespräch drehte sich um genau diesen Stoff – und warum Lithium für die Mobilitäts- und Energiewende unverzichtbar ist.
Michael hat gleich zu Beginn klargestellt, dass Lithium nicht nur für Elektroautos gebraucht wird. „Wir reden nicht nur über E-Mobilität, sondern über eine ganzheitliche Energiewende. Ohne Lithium keine Batterien, ohne Batterien keine Speicherung von Wind- und Solarstrom – und ohne das keine Energiewende.“ Besonders spannend: Auch der rapide wachsende Energiebedarf von KI-Rechenzentren wird künftig massiv Speicherlösungen erfordern – mit Lithiumbatterien.
Ein Thema, das im Gespräch immer wieder aufkam: der ökologische Fußabdruck von Lithium. Dabei wurde deutlich, dass nicht jede Quelle gleich belastend ist. „Faktenbasiert ist das nachhaltigste Produkt, was CO₂-Abdrücke abgeht, momentan das aus Chile – mit 5 Tonnen CO₂ pro produzierter Tonne Lithium. Aus China liegt man schnell beim vier- bis fünffachen.“ Der Unterschied liegt in der Fördermethode: Während in Chile Sonnenenergie zur Verdunstung genutzt wird, wird in China energieintensiv Gestein verarbeitet. Diese Unterschiede müssten laut Michael viel stärker kommuniziert werden – nicht zuletzt, um gegen die Emotionalisierung in der Debatte vorzugehen.
Wir sprachen auch über die bizarre Entwicklung hin zu immer größeren E-SUVs. Michael brachte es trocken auf den Punkt: „Ein zweieinhalb Tonnen schwerer SUV mit 120-kWh-Batterie ist keine nachhaltige Mobilität. Das ist, als würde man vom Rot- auf Weißwein umsteigen – man trinkt trotzdem weiter Wein.“ Gerade hier sieht er eine große Chance für kleinere E-Autos aus China, die mit kompakteren LFP-Batterien und geringeren Produktionskosten punkten.
Ein weiteres zentrales Thema: Europas Rolle im globalen Rohstoffwettlauf. Während China frühzeitig auf strategische Partnerschaften mit Förderländern wie Australien setzte und sich so große Teile der Lieferkette sicherte, hinkt Europa hinterher. Der „Critical Raw Materials Act“ der EU ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber: „Wir haben 15 bis 16 Lithium-Projekte in Europa, aber keinen einzigen europäischen Eigner. Es fehlt an Investoren, an Genehmigungen, an Akzeptanz – und am politischen Willen.“ Die Ziele des EU-Gesetzes seien theoretisch erreichbar, aber es fehle an der konkreten Umsetzung. Schmidt plädiert für mehr Kooperation statt Konfrontation – etwa durch Rohstoffpartnerschaften mit Ländern wie Chile oder Kanada.
Was mir besonders im Gedächtnis geblieben ist: Michaels Aufruf, Mobilität neu zu denken – über das Auto hinaus. Es geht nicht nur darum, den Verbrenner durch einen Stromer zu ersetzen, sondern um eine fundamentale Veränderung in unserem Denken und Handeln. „Was soll Mobilität sein? Von A nach B kommen, ohne nass zu werden. Nicht unbedingt ein 700-Kilometer-SUV.“
Ein starkes Gespräch mit vielen Impulsen – über Lieferketten, politische Rahmenbedingungen, Marktmechanismen und die Macht des Mindsets. „Wir brauchen einen regulatorischen Rahmen, der stark und stabil ist – damit Hersteller wie Verbraucher wissen, wohin die Reise geht.“ Dem ist wenig hinzuzufügen. Nun aber genug der Vorrede – hör selbst rein ins Gespräch mit Michael Schmidt.
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