Was ist Achtsamkeit? Der Begriff ist ein wenig in Ungnade gefallen. Die einen suchen mit ihrer Hilfe den Seelenfrieden, andere werten sie als Esoterik-Kram ab. Achtsamkeit wird schnell in einen Topf geworfen mit Yoga und Meditation und Übungen, die uns ins Hier und Jetzt tragen und innere Erfüllung bringen sollen. Doch Achtsamkeit ist mehr als die Anwendung bestimmter Techniken. „Sie ist ein langer geistiger Prozess, eine Lebenseinstellung. Sie ist ein Suchen und Finden, eine tiefe Sehnsucht nach den wesentlichen Fragen des Lebens, sagt Renato Kruljac. Er ist Achtsamkeitstrainer und hat nach zwei Jahrzehnten als Führungskraft bei einem internationalen Konzern die Segel gestrichen, um sich der professionellen Achtsamkeitspraxis, fernöstlichen Kampkünsten und psychologischen Methoden zu widmen. Ernsthaft praktiziert, sagt er, ist die Achtsamkeit ein ständiger Begleiter, an der wir wachsen können.
Kraft, die sich aus der Beobachterrolle entwickelt
Wir müssen lernen, loszulassen von starren Konzepten, von Identifikationen und Vorstellungen, von Glaubenssätzen innerhalb eines gesellschaftlichen Systems, die uns geprägt haben, sagt er. Der Weg zur Inneren Freiheit geht über die Stille, das geistige Fasten, über das Zuhören und die Disziplin. „Wenn wir unser Alarm-, Antriebs- und Fürsorgesystem in Balance halten, werden wir die Früchte der Achtsamkeit ernten“. Achtsamkeit erlernt man zwar auch, aber eben nicht nur durch Techniken zur Entspannung im Hier und Jetzt oder sportlichen Übungen. „Sie ist ein geistiger Prozess, eine transformative Kraft, die sich aus der Beobachterrolle heraus entwickelt“, sagt Kruljac. Aber Achtung: Woran erkenne ich den Meister unter den Scharlatanen? Indem ich in die Begegnung mit dem Lehrenden gehe. Lebt er das, was er sagt? Ist er authentisch? Spüre ich Wärme, darf ich sein? Einen guten Lehrer erkennt man an seinen Schülern, so Kruljac.
Abstand nehmen, die Perspektive ändern und sich selbst freundlich begegnen: Das funktioniert durch Achtsamkeitsmethoden wie der Atemmeditation oder anderen Konzentrationsübungen. Sie beschreiben das „Was“, bringen uns in die Präsenz, erden und verorten uns. In Verbindung mit Übungen zum „Wie“, die mich lehren, meine Gedanken freundlich zu akzeptieren, findet der Mensch zur Balance. Es gibt viele Arten der Meditation, die das Ziel der Erleuchtung haben, führt Kruljac weiter aus. Was sie ist? „Für mich bedeutet die Erleuchtung das Urvertrauen“, Und wie lautet das Rezept dazu? „Dem Herzen folgen und ins Fühlen kommen. Der Körper sagt uns oft mehr als der Verstand“.
Buchtipp: Renato Kruljac: „Achtsamkeit für Skeptiker“, Schattauer-Verlag 2024
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